Freitag, 27. März 2015

Theodor Michael und seine Verbindung mit Kamerun

Theodor Michael, Beamter des BND, des deutschen Geheimdienstes, und Bruder von James Michael, einem Ritter der französischen Ehrenlegion, schreibt darüber, dass seine Verbindung zu Kamerun sein ganzes Leben bestimmt hat.
Sein Buch heißt: "Deutsch sein und schwarz dazu: Erinnerungen eines Afro-Deutschen".
Denn sein Vater (Theophilus Wonja Michael *1879 in Limbe) kam aus dem deutschen Schutzgebiet Kamerun nach Berlin, er war deutscher Staatsbürger und war doch wegen seiner Hautfarbe großer Diskriminierung ausgesetzt. (Übrigens war er verwandt mit King Bell und Rudolf Duala Manga Bell, der 1914 wegen seines Einsatzes für sein Volk, die Duala, in Douala hingerichtet wurde, vgl. den vorigen Artikel.)
Theodor Wonja Michael wurde wie sein Vater diskriminiert. Seine erste "Berufsrolle" fand er als Zweijähriger, als er zusammen mit seinen Geschwistern in einer der damals beliebten Völkerschauen auftrat.  
Dazu, wie er trotzdem zum Beamten der Bundesrepublik wurde, verrate ich hier nicht mehr, denn ich will ja zur Lektüre des Buches anregen. 
Aber über die hier eingesetzten Links und den im Anhang erfährt man auch schon einiges darüber, wieso er sich einerseits als Deutscher fühlt und andererseits wie Senghor für sich die Négritude seinerseits als Deutscher die Respektierung seiner Afrikanität erwartet. Mehr dazu im Buch.

Schwarz sein und deutsch dazu, ZEIT 23.4.1998

Samstag, 14. März 2015

Rudolf Duala Manga Bell - König und Märtyrer

Ein Beitrag zur Kolonialgeschichte Kameruns

Rudolf Duala Manga Bell, König der Duálá in Kamerun lebte von 1873 bis 1914. Er war Anführer des Widerstandes gegen die Vertreibung der Duálá aus ihren angestammten Wohnplätzen.

Er war der älteste Sohn von König Manga Ndumb'a und Enkel von King Bell, der den „Schutzvertrag“ mit Deutschland unterzeichnet hatte. Er besuchte dort die deutsche Regierungsschule, bevor er 1891 für fünf Jahre als Pflegekind nach Aalen kam. 1897 ging er zurück nach Kamerun, um dort Emily Engome Dayas zu heiraten. 1902 reiste er nach Berlin und traf dort den Direktor der Kolonialabteilung des Auswärtigen Amtes, Oscar Wilhelm Stübel. Von ihm erhielt er Einblicke in die Struktur der deutschen Kolonialverwaltung.
1905 verfasste er gemeinsam mit König Akwa von Bonambela und 26 weiteren kamerunischen Volksoberhäuptern einen offenen Brief an den deutschen Reichstag. In diesem beschwerte man sich u.a. über rechtsbeugende Handlungen durch den Gouverneur Jesko von Puttkamer,  wie z.B. Enteignungen, das Niederreißen von Häusern ohne Genehmigung, Zwangsarbeit ohne Lohn, willkürliche Verhaftungen und übermäßige Strafen, sowie entwürdigende Behandlung von kamerunischen Volksoberhäuptern. Darin hieß es:
„Den Herrn Gouverneur von Puttkamer, dessen Richtern, Bezirksamtmänner, kurz seine ganze Regierungsbesatzung wollen wir nicht mehr hier haben. Sämtliche jetzigen Gouvernementsbeamten des Schutzegebietes Kamerun bitten wir forträumen zu wollen, denn ihre Regierung führen sie nicht gut, sie sind nicht gerechtfertigt, ihre Art und Weise exploitieren das Land. Als Ersatz-Gouverneur bitten wir allerunterthänigst, uns Consulat anstatt Assessorismus senden zu wollen, Assessorismus wollen wir nie wieder haben, diese verderben die Regierung und machen die redliche, gute deutsche Macht zu einer wucherischen und gäunerischen Macht! Also fort mit Assessorismus, zum Ersatze: Consulat! (...) Wir sind deutsch und bleiben deutsch bis an das Ende der Welt.
Mit allerunterthänigstem Gruß an Seine Majestät Kaiser Wilhelm von Deutschland und Kamerun“
Ihr Ruf wurde zwar in Deutschland mit Erstaunen und ungläubiger Anerkennung aufgefasst, jedoch eher belächelt als erhört. Ein Gouverneurswechsel fand erst 1907 statt, als Theodor Seitz seinen Dienst in Buea aufnahm. Als Seitz nach Deutsch-Südwestafrika ging, wurde er durch den erheblich rassistischeren, alldeutsch geprägten Otto Gleim ersetzt.
Unter Gleim wurden Pläne entwickelt, die Duálá von ihrem Wohngebiet am Kamerunfluss ohne entsprechende Entschädigung zu vertreiben, ihre Häuser zugunsten von Faktoreien niederzubrennen und in Douala schwarze und weiße Wohnviertel zu trennen.
Dagegen setzte sich Manga Bell zur Wehr. Er richtete Petitionen an Gouvernement und an den Reichstag, nahm Kontakt zur deutschen Opposition und christlichen Missionen auf und schaltete schließlich sogar einen Berliner Anwalt in dem Fall ein. Die deutsche Presse berichtete dagegen von einem „Hilfsgesuch“ an Frankreich und Großbritannien, das bis heute jedoch nicht belegt ist.

1914 wurde König Manga Bell, der bis zuletzt Deutschland und dem Kaiser treu geblieben und friedlich gegen konkrete Missstände vorgegangen war, wegen „Hochverrates“ zum „Tode durch den Strang“ verurteilt. Er wurde mit seinem Sekretär Ngoso Din am 9. August 1914 in Douala hingerichtet.
Seine letzten Worte waren: „Unschuldiges Blut hängt ihr auf. Umsonst tötet ihr mich. Aber die Folge davon wird die größte sein.“ Sein Volk wurde vom Kamerunfluss vertrieben.
Rudolf Manga Bell wurde zu einer Art Märtyrer und Volksheld. Im Ersten Weltkrieg unterstützten die Duálá die Entente.

Der Text beruht auf dem Wikipediaartikel Rudolf Manga Bell. Er ist aber für die Zwecke dieses Artikels gekürzt und auch sonst geringfügig verändert worden. Walter Böhme

"Manga Bell hat seit Beginn seines Widerstands gegen die Kolonialregierung niemals etwas anderes getan als auf der Einhaltung der Verträge und Gesetze zu bestehen. Er war in Deutschland zur Schule gegangen, hatte Jahre dort verbracht, konnte fließend Deutsch und berief sich in seinen Eingaben stets auf deutsches Recht. "Verträge sind einzuhalten" war sein Mantra. In einer seiner Eingaben erklärte Manga Bell, die Duala gingen davon aus, dass die deutsche Regierung "die Anerkennung der persönlichen Freiheit und der Gleichheit aller Menschen herbeiführe und dann die völlige Emanzipation durch den Staat erfolge: aus Untertanen werden Staatsbürger".
Als Manga Bell das schrieb, saß Heinrich Mann an seinem Roman "Der Untertan". Manga Bell gehört zur deutschen Freiheitsgeschichte." [Hervorhebung: WB]
"Aus Untertanen werden Staatsbürger" Interview mit Christian Bommarius, Frankfurter Rundschau, 14.4.2015, S.34 

Literatur:
Christian Bommarius: Der gute Deutsche - die Ermordung Manga Bells in Kamerun 1914, Berenberg Verlag Frühjahr 2015
Leseprobe (pdf)

Zur Situation nach dem Zweiten Weltkrieg sieh:
Wolfgang Kaleck: Vor wenig mehr als 50 Jahren… ZEIT online, 27.3.15