Freitag, 27. Mai 2011

Das Fernsehen: ein Dorftyrann

Was ich eigentlich erzählen möchte, hat nichts mit dem gewöhnlichen Machtmissbrauch in einem diktatorischen Regime in Afrika zu tun. Bei meinen Osterferien in einem ferngelegenen Dorf im Westen Kameruns, ist mir etwas Besonderes aufgefallen. Das Fernsehen ist fast jeden Abend für die meisten Dörfler ein Grund, sich zu versammeln. Von 19 Uhr bis Mitternacht sitzen Jugendliche, Erwachsene und sogar Alte vor dem Apparat, so wie Christen in der Kirche und konsumieren ganz treu alles, was auf dem Schirm vorkommt.
Importierte Serien und Sendungen, Filme, Fußballspiele aus Europa, aus Süd- und Lateinamerika werden mit Begeisterung und großem Vergnügen angesehen, dies leider ohne kritischen Geist.

Obwohl in der Wirklichkeit dieses Kommunikationsinstrument Langeweile und Erschöpfung nach
den harten Feldarbeiten fernhalten soll, liegt jedoch seine Funktion nicht unbedingt in den Inhalten, die es vermittelt, sondern eher in seiner Existenz. Im Allgemeinen ist das Programmangebot europa- oder südamerikaorientiert, was leider nichts mit kamerunischen Realitäten zu tun hat. Zwar ist heutzutage die Medienlandschaft zu einem globalen Dorf geworden, aber es bedeutet keineswegs, dass die Leute in "Bazou“ sich entfremden müssen, indem sie ihre Wurzeln verlieren, um sich eine fremde Kultur anzueignen. Fernsehen sollte nicht nur Information, Ausbildung und Unterhaltung bedeuten, sondern auch Mittel zur Identitätsfindung, zur Kulturbereicherung und zum Kulturaustausch sein. Das sollten die Leute von "Bazou“ in Betracht ziehen, sonst laufen sie wirklich Gefahr, ihre eigene Kultur allmählich zu beerdigen.

William CHANTCHO